Speisewagen Slowakei: Es brutzelt auf dem Weg nach Košice

Wie bei Mutti: Im slowakischen Speisewagen kommt das Schnitzel noch immer aus der Pfanne. Unterwegs mit Wagon Slovakia von Wien nach Košice.

Košice ist wunderbar. Die zweitgrößte Stadt der Slowakei liegt ganz im Osten des Landes und besticht mit ihrer prächtigen Altstadt. Mitten am Hauptplatz thront Europas östlichste gotische Kathedrale, der Elisabeth-Dom, dazu ein singender Brunnen und ein gründerzeitliches Theater. Und weil die Westkarpaten nicht weit sind, ist Košice auch für Naturfreunde ein guter Startpunkt für Outdoor-Aktivitäten aller Art.

Warum ich das erzähle? Košice ist nicht nur der Bahnknoten der Ostslowakei, sondern seit etwa einem Jahr auch wieder ohne Umstieg am Tag von meiner Heimatstadt Wien zu erreichen. Und das mit Preisen ab 29 Euro sogar besonders günstig. Ich habe mich aber aus einem anderen Grund für den neuen Direktzug nach Košice entschieden: er führt einen slowakischen Speisewagen.

Intercity Wien-Košice mit slowakischem Speisewagen
Seit Dezember 2017 gibt es wieder einen Direktzug von Wien über Bratislava nach Košice. Mit dabei: ein slowakischer Speisewagen!

Ein Hauch von Luxus

Betrieben wird der Speisewagen von der Wagon Slovakia für die Slowakische Eisenbahn ZSSK. Eigentlich kommen die rollenden Restaurants nur innerhalb der Slowakei zum Einsatz, genauer gesagt zwischen Bratislava und Košice. Weil einer dieser Züge jedoch Ende 2017 bis Wien verlängert wurde, kommt mit ihm nun auch einen Hauch slowakischer Reisekultur nach Österreich.

Und tatsächlich: Der Speisewagen versprüht ein Gefühl des Luxus, der Nostalgie und des guten Lebens. Es mag dick aufgetragen sein, aber die weißen Tischtücher, die bauchigen Weingläser, die kleinen Tischlämpchen zum Anknipsen, die Vorhänge, der Teppichboden – all das macht ihn zu einem besonderen Ort, wie man ihn auf Europas Gleisen nur noch selten findet.

Speiswagen Slowakei Innenraum
Ein Hauch von Luxus durchweht den slowakischen Speisewagen
Gedeckter Tisch im Speisewagen in der Slowakei
Ein Restaurant auf Schienen, wie es selten geworden ist in Europa

Schnitzel, Pirohy und mehr

Aber nun zur Reise selbst. Am besagten Tag habe ich natürlich nichts zu Mittag gegessen, so führt der Weg sehr bald in den ersehnten Speisewagen. Ein guter Freund, der mich begleitet, und ich bestellen Schnitzel vom Huhn nach Wiener Art, sowie Pirohy, die slowakische Variante der Pirogge. Dazu ein tschechisches Krušovice und ein slowakisches Zlatý Bažant, beide kommen aus der Flasche.

Während wir auf das Essen warten, werfen wir einen Blick aus den großen Fenstern. Aus der kleinen Küche hören wir derweil das Klopfen des Schnitzels, das bald in Zischen und Brutzeln übergeht. Ja, im slowakischen Speisewagen wird noch richtig gekocht. Was konnte es Schöneres geben?

Bald wird das Schnitzel serviert. Es ist heiß, die Panier knusprig, das Fleisch saftig und dünn – alles so, wie es sich gehört. Als Beilage gibt es Bratkartoffeln, die sind von außen schön kross und innen weich. Aber auch die Pirohy schmecken gut. Frisch aus dem kochenden Wasser, noch brennheiß, harmonieren sie in ihrer kartoffeligen Art im Mund perfekt mit der dazu gereichten Smetana.

Ein Schnitzel "Wiener Art" vom Huhn im Speisewagen in der Slowakei
Schnitzel „Wiener Art“ vom Huhn mit Bratkartoffeln
Pirohy mit Speck und Smetana im Speisewagen in der Slowakei
Slowakische Pirohy mit Speck und Smetana

Begegnungen

Der Speisewagen ist gut gefüllt, es herrscht ein reges Kommen und Gehen. Viele Biere werden bestellt und sorgen für gute Stimmung. Am Tisch nebenan treffen sich vier nicht näher bekannte Männer. Ein reger Plausch entsteht, was wir mit Freude verfolgen. Es sind zufällige Begegnungen wie diese, die aus einer Fahrt von A nach B eine Reise machen.

Nach Hauptspeise und Bier folgen noch Kaffee und Kuchen, dann ist ein Großteil der sechs Stunden und sechs Minuten auch schon vergangen. Zufrieden erreichen wir unseren Zielbahnhof.

Lampe zum Anknipsen im Speisewagen in der Slowakei
Im slowakischen Speisewagen brennt noch Licht

Die Rückreise

Nach vier Tagen in Košice und Umgebung beginnt die Rückfahrt um halb acht in der Früh. Eigentlich perfekt für ein Frühstück im Speisewagen, wir ziehen aber ein Nickerchen im Sitzwagen vor. Erst kurz vor Bratislava zieht es uns zum Mittagessen in das Bordrestaurant.

Wir finden den Speisewagen fast ganz leer vor. Die meisten Passagiere verlassen den Zug bereits in der slowakischen Hauptstadt. Beim gleichen Personal wie bei der Hinfahrt bestellen wir Černohorský rezeň. Das ist die slowakische Variante des Schnitzels, bei der das Schweinefleisch in einem Kartoffelteig gebraten und dann mit Käse gratiniert wird. Dazu gibt es Tomatensalat, für meinen Freund ein Schnitzel Wiener Art.

Černohorský rezeň, Schnitzel mit Kartoffelfüllung und Käse, im Speisewagen in der Slowakei
Černohorský rezeň, ein Klassiker im slowakischen Speisewagen

Genuss bis zum Schluss

Die Schnitzel kommen noch vor Bratislava. Wieder begeistern sie durch Frische, Temperatur und das Gefühl, dass Mutti selbst für uns am Herd stand. Nicht unerwähnt bleiben soll die liebevolle Präsentation mit Zitrone und Salat – keine Selbstverständlichkeit in Zeiten, in denen sich andere Bahnen eher am Plastikessen aus dem Flugzeug orientieren.

Weiter geht es mit Espresso und einer großartig weichen und cremigen Marlenka, der in Tschechien wie der Slowakei gleichermaßen beliebten Honigtorte. Das ist wirklich eine Empfehlung! Der Espresso kann vielleicht nicht ganz mit der Barista-Qualität eines hippen Trendcafés mithalten, mit der eines echten Wiener Kaffeehauses aber allemal.

Honigkuchen Marlenka im Speisewagen in der Slowakei
Zum Finale gibt es eine wunderbar cremige Marlenka…
Espresso im Speisewagen in der Slowakei
…und einen schnörkellosen Espresso

Unser Blick schweift derweil durch das Marchfeld, dass wir auf Österreichs längstem völlig geraden Schienenstrang durchqueren. Pünktlich, um Viertel vor zwei, kommen wir am Wiener Hauptbahnhof an. Unser kleiner Ausflug in die Slowakei endet so erst am Bahnsteig – dem Speisewagen, seinem Ambiente und dem großartigem Essen sei Dank.

Strecken & Infos: Neben dem Direktzug Wien-Košice sind die Speisewagen außerdem im Intercity und Schnellzug („Rýchlik“) auf der Hauptstrecke Bratislava-Žilina-Košice unterwegs. Vierteljährlich wechselnde Aktionsgerichte. Speisekarten auf Slowakisch, Englisch und Deutsch gibt es auf der Website von Wagon Slovakia.

Bierpreis-Index: Zlatý Bažant ’73  12° aus der 0,5-Liter-Flasche für 1,80 Euro.


(Hinweis: Die Fahrt wurde im Sommer 2018 im Direktzug unter anderer Zugnummer gemacht. Seit Fahrplanwechsel im Dezember 2018 verkehrt dieser als IC 44/45 Wien-Košice in leicht geänderter Streckenführung.)

5 Kommentare

Wunderbare Würdigung. Wann immer ich zwischen Hamburg und Dresden im IC unterwegs bin, gehe ich in einen dieser Speisewagen.
Zusätzlich erwähnenswert sind die ganz besonders freundlichen und fast immer charmanten Kellner und Kellnerinnen, was ein sehr wohltuender Unterschied zu den bloß routiniert freundlichen Angestellten in den deutschen IC- und ICE-„Bordrestaurants“ ist.

Hallo Stefen, danke für deine netten Worte, freut mich wenn es gefällt :)! Danke auch für’s Teilen deiner Erfahrungen, welche du allerdings in einem der tollen Speisewagen der tschechischen Bahn (ČD) gemacht haben dürftest. Jene der Slowakischen Eisenbahn (ZSSK), die ich hier beschreiben durfte, schaffen es leider nicht bis nach Deutschland. Lg, David

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