Alles in Luther: Mit der Bahn auf den Spuren der Reformation

500 Jahre nach der Reformation gilt Martin Luther als Held. Seine Spur führt in das grüne Herz Deutschlands. Ich habe mich zum Lutherjahr in den Zug gesetzt und bin nach Wittenberg, Erfurt und Eisenach gefahren.

Schienenersatz nach Eisenach

Am Hauptbahnhof wartet wieder ein sibergrauer Triebwagen. Eigentlich soll er mich nach Eisenach bringen, aber nach kaum einer halben Stunde endet die Zugfahrt bereits im kleinen Örtchen Fröttstädt. Grund: Bauarbeiten. Es heißt „alle aussteigen“, weiter soll es mit dem Bus gehen.

Niemand weiß so recht, wo der halten soll, und so irren wir in kleinen Grüppchen durch den Ort. Schließlich taucht der Bus an der Unterführung am Bahnhof auf. Nach und nach sammelt er die Versprengten ein, ehe es auf Landstraßen nach Eisenach geht. Dabei haben wir das seltene Vergnügen.

Erfurt Hauptbahnhof
Erfurt Hauptbahnhof, mein Zug lässt noch auf sich warten
Bahnhof Fröttstädt
Alle aussteigen: In Fröttstädt geht es mit dem Bus weiter
Schienenersatzverkehr zwischen Erfurt und Eisenach
Aus dem Bus haben wir die Strecke im stets Blick

Ankunft in Eisenach

Die Busfahrt endet am Hauptbahnhof. Wegen der Bauarbeiten hält hier an diesem Wochenende kein Zug. Trotzdem haben drinnen die Geschäfte geöffnet und auch an Laufkundschaft mangelt es nicht. Über der Anzeigetafel erinnert ein Glasmosaik an „70 Jahre Eisenacher Automobilbau“. Der Namensgeber des wohl bekanntesten Modells aus Eisenach ist mein letzte Ziel für heute: Die Wartburg.

Wer auf den Spuren Luthers wandelt, darf den Ort, an dem er die Bibel übersetzte, natürlich nicht auslassen. Hoch oben thront die trutzige Burg über der Stadt, am nordwestlichen Zipfel des Thüringer Waldes. Die Sonne haben wir leider in Erfurt gelassen, und so beginne ich den Aufstieg unter dichten Wolken.

Bahnhof Eisenach
Der denkmalgeschützte Bahnhof von Eisenach
Bahnhof Eisenach Empfangshalle Glasmosaik
In der Empfangshalle erinnert ein Mosaik an den Eisenacher Automobilbau

Aufstieg zur Wartburg

Ausgangs der Innenstadt führen eigentlich verschiedene Wanderwege hinauf zur Wartburg. Aus irgendwelchen Gründen verpasse ich diese jedoch allesamt und finde mich auf den Serpentinen der asphaltierten Zufahrtsstraße wieder. Kurve um Kurve bahne ich mir den Weg durch den dichten Laubwald.

Auf halber Strecke geht plötzlich ein heftiger Regenschauer nieder. Das noch halbwegs intakte Blätterdach am Straßenrand bewahrt mich vor dem schlimmsten. Wie zum Hohn rasen Kleintransporter an mir vorbei, die Touristen der gemütlichen Sorte hinauf- und hinabkarren. Umgeben von Nebelschwaden rede ich mir ein, dass der „wahre“ Wartburg-Besuch natürlich der erwanderte ist.

Nach einer knappen Dreiviertelstunde komme ich an einer Eselstation vorbei, von der die Kleinen das letzte Stück nach oben reiten können. Für die Erwachsenen eindeutig interessanter ist die Bratwurstbude. So ein heißer Grog hätte jetzt natürlich etwas für sich. Aber nein, durchhalten, weit kann es nicht mehr sein! Und tatsächlich: Mittlerweile auf dem offiziellen Fußgängerweg unterwegs, habe ich bald die Schlusssteigung vor mir. Hier zeigt sich die wehrhafte Festung von ganzer Pracht.

Eisenach Wartburg Wanderweg
Bald ist es geschafft: Die letzten Meter hoch zur Wartburg
Wartburg Eisenach
Majestätisch thront die Wartburg über Eisenach
Eisenach Wartburg Aussicht
Herrlicher Blick auf Eisenach und Umgebung

Doppeltes Jubiläum

Die Wartburg ist ein wahrhaft geschichtsträchtiger Ort. Nicht nur Luther fand hier von 1521 bis 1522 Unterschlupf von der Verbannung, auch die heilige Elisabeth von Thüringen lebte bereits im Hochmittelalter auf einer Urversion der Wartburg. Außerdem: Im Jahr 1817 stieg das erste Wartburgfest, Grundstein für Einigkeit und Recht und Freiheit in Deutschland.

Das doppelte Jubiläum – 500 Jahre Reformation und 200 Jahre Wartburgfest – führt an diesem Wochenende im Oktober zum Ansturm der Massen. Insbesondere die Lutherausstellung in den Innenräumen ist hoffnungslos überlaufen. Ein wenig Ruhe und Abgeschiedenheit finde ich auf dem Südturm (Eintritt: 50 Cent). Während sich Sonne, Wolken und Regen ein Gefecht liefern, lasse ich den Blick über den Thüringer Wald schweifen.

Ganze elf Wochen braucht Luther, um die Bibel zu übersetzen. Wie langweilig muss es damals auf der Wartburg zugegangen sein! Im „Reich der Vögel“ hält es der Reformator kaum ein Jahr aus – und kehrt schließlich nach Wittenberg zurück.

Bergfried Wartburg Eisenach
Flagge und Kreuz auf dem Bergfried der Wartburg
Aussicht Thüringer Wald Wartburg
Aussicht vom Südturm auf den Thüringer Wald

Ein besonderes Publikum

Das Gedenken ans Wartburgfest zieht ein besonderes Publikum an: Verbindungsstudenten. Aus halb Europa sind sie auf die Wartburg gezogen. Die kostümierten und nicht mehr ganz nüchternen Burschenschaftler irritieren mich zusehends. So mache ich mich bald auf den Abstieg – nicht jedoch ohne das Vorhaben, bald wiederzukehren.

Auf dem Weg zum Bahnhof bleibt noch Zeit für einen Bummel durch die Innenstadt. Als ich wieder im Bus und später im ICE sitze, sinniere ich über die Reise. Ob mir Luther dadurch näher gekommen ist? Ich weiß es nicht. Aber mit Gewissheit kann ich sagen: Im Herzen Deutschlands liegt ein Kulturschatz, den es zu entdecken lohnt!

Rathaus Eisenach Innenstadt
Letzte Sehenswürdigkeit für heute: Das Eisenacher Rathaus
Innenstadt Eisenach
Zum Abschied grüßt noch einmal Luther in der Innenstadt von Eisenach

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