Nachtzug nach Europa: Ein Konzept für Dänemark und Schweden

Seit drei Jahren fährt kein regelmäßiger Nachtzug mehr von Skandinavien nach Mitteleuropa. Zwei Schweden und ein Däne wollen das nicht länger hinnehmen. Sie haben ein Konzept entwickelt, wie man den Norden wieder mit dem Rest des Kontinents verbinden kann.

Was das Fliegen betrifft, sind wir Dänen und Schweden schon lange Europameister: Fünf bis sechs Mal im Jahr steigt jeder von uns in ein Flugzeug. Dabei sind die verheerenden Folgen des Flugverkehrs für Umwelt und Klima bekannt. Immer mehr Menschen wird klar, dass es so nicht weitergehen kann.

Zum Glück gibt – zumindest innerhalb Europas – eine Möglichkeit, die Flüge zu ersetzen: Wir sollten in der Lage sein, den Nachtzug zu nehmen. Der Nachtzug ermöglicht bequemes Reisen zu vielen Zielen und könnte auf eine Renaissance zusteuern. Die Europäische Umweltagentur hat unlängst auf Nachtzüge als einzige Alternative zur Flugreise in Europa hingewiesen.

Nachtzug nach Europa: Die Vision

Du hast ein Meeting in Köln am nächsten Morgen? Nimm am frühen Abend den Zug von Kopenhagen. Du kannst eine Stunde vorher am Bahnsteig sein, aber auch zwei Minuten reichen. Es ist ein wunderschöner Februarabend. Nach der Abfahrt gleitet der Zug durch die Vororte, ehe er die Hauptstadt verlässt. Vielleicht genießt du ein Abendessen im Speisewagen oder triffst einen Kollegen im Abteil. Oder du arbeitest an der Präsentation für die morgige Konferenz – an Bord gibt es natürlich WLAN und Mobilfunkverstärker.

Wenn der Tag zu Ende geht, wartet im Schlafwagen ein bequemes Bett. Um sechs Uhr am nächsten Morgen wirst du geweckt, der Zug hat noch eine Stunde zu fahren. Nach dem Frühstück und einer Dusche an Bord steigst du direkt am Dom aus dem Zug – ausgeruht und fit für den Tag.

Köln Rhein Hohenzollernbrücke Dom Nacht
Mit dem Nachtzug von Skandinavien nach Köln? Vielleicht schon ab 2021 Realität

Das Konzept: Zwei Züge reichen

Ist das möglich? Auf jeden Fall. Und das ist unsere Idee: In Zusammenarbeit zwischen Dänemark, Schweden und den südlichen Nachbarn können zwei Gruppen von Nachtzügen eingerichtet werden.

Die erste startet um 18:25 Uhr in Kopenhagen, sammelt Passagiere in Odense und Kolding ein, und überquert gegen 22:00 Uhr die Grenze nach Deutschland. Der Zug hat einen Teil nach Köln und Amsterdam (Ankunft 10:25 Uhr), ein weiterer führt über Basel nach Zürich (Ankunft 10:55 Uhr). Außerdem gibt es noch einen Zugteil nach Innsbruck (Ankunft 10:55 Uhr) mit Halt in München.

Der nächste Nachtzug kommt aus Stockholm und besteht aus zwei Teilen. Zusammen erreichen sie Kopenhagen um 23:30 Uhr. Ohne weiteren Halt geht es dann nach Hamburg (Ankunft 6:26 Uhr), wo der Zug geteilt wird. Ein Teil kommt um 08:40 Uhr in Berlin an, der andere um 10:40 Uhr in Köln und schließlich zum Mittagessen in Brüssel.

Karte Nachtzug Netz Dänemark Schweden Kopenhagen Stockholm Hamburg Berlin Amsterdam Köln Brüssel München Basel Zürich Innsbruck
So könnte das Nachtzugnetz zwischen Skandinavien und Mitteleuropa aussehen

Die Vorteile liegen auf der Hand

Unser Vorschlag stützt sich auf bestehende Strecken und Technologien. Er basiert zudem auf den neuen Elektrolokomotiven der dänischen Staatsbahn DSB, die die Wagen von Kopenhagen nach Hamburg befördern.

Im Vergleich zu einem Flugzeug am Abend sparen Bahnreisende Zeit und Hotelkosten. Und im Gegensatz zum ersten Flug des Tages müssen sie nicht um vier Uhr morgens ins Taxi zum Flughafen steigen. Außerdem: Der Zug transportiert problemlos großes Gepäck und Fahrräder – ganz bequem und ohne zeitraubenden Check-in.

Für die Gesellschaft sind die internationalen Nachtzüge eine perfekte Ergänzung zur Luftverkehrssteuer: Wir müssen die Zahl der Flüge begrenzen, aber auch das Reisen auf langen Strecken nachhaltig erleichtern. Die ökologisch beste Wahl ist der Zug, der oft mit 100% erneuerbarem Strom betrieben wird.

Ein Blick zurück

Bis in die 1990er Jahre verkehrte der Nachtzug „Alfred Nobel“ zwischen Stockholm und Hamburg. Und das, obwohl er den Öresund und die Ostsee noch auf mehreren Fähren überqueren musste. Heute gibt es ein durchgängiges Gleis zwischen Deutschland und Schweden und außerdem Lokomotiven, die die verschiedenen Stromsysteme und technischen Standards beherrschen. Die Bedingungen für Nachtzüge auf den Kontinent sind also besser denn je.

Und wir brauchen sie mehr als je zuvor: Bis 2014 verkehrte ein Nachtzug von Kopenhagen nach Süden über Kolding. Trotz steigender Fahrgastzahlen wurde er bereits sechs Wochen vor dem Fahrplanwechsel sang- und klanglos eingestellt. Seitdem ist der Norden vom Rest Europas abgekoppelt.

Öresund Brücke Kopenhagen Malmö
Dank der Öresund-Brücke sind druchgängige Züge von Schweden nach Deutschland kein Problem

Unser Vorschlag für die Zukunft

Was ist nötig, damit sich das wieder ändert? Wir schlagen vor, dass die schwedische Regierung Schlaf- und Liegewagen kauft, die sie dann an den Betreiber vermietet. Der schwedische Staat hat eine solche Anschaffung bereits mit Erfolg für den legendären Arctic Circle Express getätigt. Zusätzliche Subventionen für den Betrieb sind auf Dauer nicht nötig, könnten die Nachtzüge jedoch zu Beginn auf sichere finanzielle Füße stellen.

Für den zweiten Zug aus Kopenhagen sollte die dänische Bahn mit dem österreichischen Betreiber ÖBB zusammenzuarbeiten. So könnte 2021 eine neue Linie des Nightjet auf die Schienen nach Kopenhagen finden.

Wir sind überzeugt: Nachtzüge helfen uns, unsere Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen und Europa miteinander zu verbinden. Beides sind wichtige Themen für die Zukunft. Werden wir schon 2021 in der Lage sein, den Zug auf den Kontinent zu nehmen?

Per Eric Rosén, Uppsala
Ellie Cijvat, Malmö
Poul Kattler, Kopenhagen

Hinweis

Dieser Text erschien ursprünglich auf Dänisch und Schwedisch. Eine englische Version findest du auf der Website der Initiative „Back on Track“.

19 Kommentare

Du hast natürlich Recht – ähnliche Routen sind immer wieder in der Diskussion. Vielleicht höhlt steter Tropfen ja irgendwann den Stein. 🙂

Das EU Zugnetz ist durch den Staatlichen Subventionstrog fett und träge geworden. Die können nie mit den betriebswirtschaftlichen straff organisierten Flugfirmen und Flughäfen mithalten. Warum sollte dies jetzt gerade beim 10ten Versuch klappen ?

Oslo nicht vergessen; der Alfred Nobel hatte zwei sektionen und wurde so weit ich weiß in Göteborg geteilt. Das wäre auch heute eine ideale aufteilung, so können in Deutschland tagsüber die hochgeschwindigkeitsstrecken genutzt werden und dann geht es übernacht über großen Belt und Öresund nach Skandinavien. Wenn sich der Oslo-teil auf einen der beiden südäste beschränkt, hielte sich auch der rangieraufwand in grenzen.

Hallo Tobias,
du hast Recht, ein gutes Nachtzug-Netz zwischen Skandinavien und Mitteleuropa sollte natürlich auch Norwegen mit einbinden. Kaum vorstellbar, dass man vor gar nicht allzu langer Zeit in Hamburg einen direkten Zug nach Oslo besteigen konnte. Bleibt zu hoffen, dass das irgendwann einmal wieder möglich ist.
Viele Grüße,
Sebastian

Wo der Zug damals geteilt wurde, weiß ich nicht; eine Teilung in Göteborg würde dem Stockholmer Zugteil aber eine gute Stunde mehr Fahrzeit und einmal mehr Kopfmachen einbringen. Das scheint mir nicht sinnvoll; was hier vorgestellt wird, sind vergleichsweise schnelle Zugläufe und keine Economy-Fahrplantrassen, bei denen es auf eine Stunde Umweg auch nicht mehr ankommt.

Teilen könnte man in Kopenhagen (da muss eh Kopf gemacht werden, man bräuchte dann aber zwei Trassen über die Öresundbrücke) oder (mit zusätzlichem Halt) in Lund. Vielleicht auch in Malmö, aber auch dort müßte man dann einen (kleinen) Umweg fahren und Kopf machen (denn den Tiefbahnhof wird man sich nicht mit rangierenden Nachtzügen blockieren wollen).

Hach… wie oft ich in den 90ern mit dem Zug von Köln nach Oslo gefahren bin. Herrliche Strecke… Anfangs in Hamburg umsteigen und erst wieder in Oslo aussteigen.
Später dann schleichender Abbau – Umstieg in Hamburg und in Kopenhagen… und ab Ende der 90er / Anfang 2000er wurde es dann unmöglich bequem und schnell Oslo per Zug zu erreichen… trauere dem immer noch hinterher.
Es war einfach herrlich im Sommer diese Strecke zu fahren. Eine bessere Art in den Norden zj reisen – ohne Auto – gibt es nicht. Höchstens noch per Fähre Kiel-Oslo.
Ich hoffe sehr, dass dieses Projekt umgesetzt wird.

hallo
Ich mochte,mit meiner Frau ,fur september 2021 ein Interrail rundfahrt bis NArvik plannen-
Ihrer neuer Nachtzug koennte fur uns sehr interesstert sein.
Wir wohnen neben Milano,Italien.
Es waere moglich den NightJet shon in Zurich oder Basel nehmen?
Er sollte uber Flensburg Padborg bis Kopenhaghen fahren , wo man auch ,mit Wagenwechsel,auch Stockolm erreeichen?
Ich bin Interrailer seit 1990 27 Interrail und 50Jahriger Mann
Gruesse aus Milano

Hallo Davide,
leider gibt es diese Nachtzüge noch nicht, sondern sie sind nur ein Plan, eine Idee, eine Diskussionsgrundlage…
Wollen wir hoffen, dass irgendwann wenigstens der Nachtzug nach Kopenhagen zurückkehrt. Er wäre so wichtig für Skandinavien!
Viele Grüße,
Sebastian

Sieht gut aus. Ein paar Fragen gibt es natürlich. Warum der Umweg von Essen nach Amsterdam über Köln? Ich denke, um nach Köln zu kommen, könnte man in Duisburg umsteigen.

Oslo einzubeziehen ist eine gute Idee. Es hat sich auf der Strecke Kopenhagen – Oslo einiges getan, deshalb wäre die Verbindung heute schneller als der damalige Zug. Ich denke, Teilung im Raum Lund/Malmö/Hässleholm wäre die sinnvollste Lösung.

Wie sehr sich die beiden Verbindungen Hamburg – Zürich und Kopenhagen – Hamburg – Zürich gegenseitig das Wasser abgraben würden, müsste man überlegen. Früher war der Kopenhagener Zug von Hamburg/Schleswig-Holstein wegen der Zeiten nur der Plan B, wenn man für den regulären Zug keinen Platz bekommen hat. Wenn das so wäre, sollte es OK sein. Wir wollen nicht die heutige Nachtverbindung Hamburg – Zürich verlieren, wenn es Preiskampf gibt und am Ende beide aufgeben.

Spannend! Ich muss dazu doch noch etwas sagen 😉
Nachtzüge der Zukunft dürfen von mir aus auch ein bisschen innovativ gedacht sein. So könnten Zugsteile mit der gleichen Destination als Triebzüge (2-Stöckig) mit einer automatischen Kupplung ausgestattet sein. Die Strecken dürften noch länger und auch HVG Strecken einbezogen werden.
Abteile sehe ich vor allem als Privatabteil mit Sitz und Liegefunktion zukunftstauglich (in verschiedenen Klassen).
Stopps unterwegs sollen auch als Ergänzende Mittelstrecken-Verbindungen in Sitzabteilen mit ganz normalen Tickets ohne Reservierung genutzt werden können.

Automatische Kupplungen würden das Rangieren überflüssig machen und die Kosten reduzieren. Aber Triebzüge im Nachtverkehr … ich glaube niemand will beim Schlafen die Antriebseinheit unter sich haben

Hallo Eva,
als derzeit in Schweden lebender kann ich dir nur Recht geben! Und Es sieht so aus, als würden die Österreichischen Bundesbahnen ÖBB tatsächlich Interesse daran haben, mit ihrem Nightjet bis Schweden zu fahren: http://www.jarnvagsnyheter.se/20190423/9142/osterrikiska-obb-vill-kora-nattag-till-sverige
Bis es soweit ist, kann man übrigens auch – je nach Zielort – mit dem Tagzug nach Schweden fahren. Wenn du eher aus dem Süden von Deutschland kommst, kann die Kombination mit dem bereits existierenden innerschwedischen Nachtzug Malmö-Stockholm eine mögliche Alternative sein.
Viele Grüße,
Sebastian

Ich habe früher in den 80ern bei SJ in Berlin gearbeitet. Wir sind oft mit dem Schlafwagen Berlin Malmö gefahren. Er fuhr auf die Fähre Sassnitz – Trelleborg. Wie einfach das war.
Nur die damaligen Kontrollen waren sehr lästig……
Ich hoffe so sehr, dass es wieder gute Nachtzugverbindungen geben wird.
Habe einige im Netz gesehen, die ab und an fahren sollen. Stimmt das ?

Hallo Dorothee,
ausgerechnet heute wurde bekannt, dass die ÖBB kurzfristig gebrachte Schlaf- und Liegewagen suchen – inklusive Zulassung für Dänemark und Schweden. Ich würde mal sagen: Die Chancen für einen Nachtzug nach Skandinavien standen lange nicht so gut! 🙂
Viele Grüße,
Sebastian

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